Wenn über Sozialhilfe gesprochen wird, explodieren die Kommentarspalten vor Hass. Doch Armut ist kein Charakterfehler – sie kann jede:n treffen. Und genau darauf baut die Politik: Spaltung statt Lösungen.

Sobald es in irgendeinem Beitrag oder Artikel um Sozialhilfe geht, füllen sich die Kommentarspalten zuverlässig mit purem Hass.
Von „Die sollten gar nichts mehr bekommen“ bis „Denen sollte man die Kinder wegnehmen.“
Von „Zwangsarbeit“ bis „Wer nichts arbeitet, sollte auch keine Wohnung haben dürfen.“

Man liest sich durch die Früchte der Politik der vergangenen Jahre.

Dass die FPÖ seit jeher gegen Armutsbetroffene hetzt, ist bekannt. Sie umschreibt es nur gern mit „Wir meinen eh nur die neu Zugezogenen“ und wirft damit alle, die auf Hilfe angewiesen sind, unter den Bus.
Die ÖVP wiederum verliert in ihrem Wahn, die FPÖ rechts zu überholen und deren Wähler:innen abzuwerben, zunehmend den Bezug zur eigenen Bevölkerung.

Seit Jahren bekommen wir dieselben Schlagworte um die Ohren gehauen:
„Fehlende Anreize.“
„Soziale Hängematte.“
„Sozialmissbrauch.“
„Arbeit muss sich lohnen.“
„Sozialhilfe darf kein Lebensmodell sein.“

Man erzählt uns von Menschen, die angeblich das System ausnutzen.
Die Sozialhilfe wird als etwas dargestellt, von dem sich gemütlich leben lasse.
Als etwas Bequemes.
Als Grund, warum Menschen arbeiten angeblich „nicht wollen“.

Oder Armut wird zur persönlichen Schuld erklärt: „Die können halt nicht mit Geld umgehen.“
Wir erinnern uns an Nehammers „Sollen sie doch Burger essen“-Video oder Salomons Kochtipps.
Ja, vor allem willige Medien, die diese Vorurteile weitertragen, sind mitschuldig an dem Neid und der Abwertung, die uns entgegenkommen.

Wer Sozialhilfe und Armut aus Sicht der Betroffenen thematisiert, bekommt diesen Hass sofort zu spüren.
Das reicht von Silencing (also gezielten Versuchen, Betroffene durch Vorwürfe mundtot zu machen) über persönliche Angriffe, die nichts mit dem Thema zu tun haben, bis hin zu Drohungen:
„Ich weiß, wo deine Kinder zur Schule gehen.“
„Meine Glock wartet schon.“

Dabei ist längst wissenschaftlich belegt:
Armut und soziale Ungleichheit sind strukturell bedingt.
Es gibt mehr als genug Studien, die das zeigen.
Aber das spielt für Parteien längst keine Rolle mehr.
Es geht nur noch um die nächste Wahl. Und dafür wirft man bestimmte Menschengruppen bewusst der Meute vor.

Solange man jenen, die trotz Arbeit Monat für Monat kämpfen, die durch die Inflation kaum mehr Spielraum haben oder Angst um ihren Job, erfolgreich einreden kann:
„Wenn wir Armutsbetroffene noch mehr bestrafen, geht es euch besser“,
solange bleibt Armut ein perfektes Feindbild.

Dass sie selbst jederzeit Teil dieser Zielscheibe werden könnten, daran denkt kaum jemand.
Denn: „Ich bemühe mich doch, ich arbeite, ich bin nicht faul“ . Dieser Satz soll angeblich schützen.

Nur: Er tut es nicht.

Auch ihr könnt jederzeit krank werden.
Ein Burnout reicht.
Eine Depression.
Eine chronische Erkrankung.
Ein Kind, das plötzlich Pflege braucht.
Ein Angehöriger, der Betreuung braucht.
Ein Schlaganfall, ein Unfall, eine Firmenpleite, ein Jobverlust, der dazu führt, dass ihr Arbeitslosengeld mit Sozialhilfe aufstocken müsst.
Epilepsie. Autismus. Alles mögliche.

Dieses „Mir passiert das nicht, weil ich nicht faul bin“ ist einer der gefährlichsten Irrglauben überhaupt.

Und all die verbreiteten Vorurteile führen dazu, dass niemand in der Schublade „Armut“ landen will.
„Ich gehör da nicht rein, ich bin nicht so.“
Nein, seid ihr nicht.
Aber jene, die bereis in Armut leben müssen, auch nicht. Nur dank jahrelanger politischer und medialer Manipulation ist es gelungen, dieses verzerrte Bild aufrechtzuerhalten.

Und was bringt es ihnen?
Macht.

Macht über euch, die ihr aktuell noch keine Hilfe braucht.
Macht, euren Neid und eure Angst nach unten zu lenken, statt nach oben zu hinterfragen.
Macht, eure Arbeitsbedingungen Schritt für Schritt auszuhöhlen; Anspruch um Anspruch, Sicherheit um Sicherheit.
Macht, die Gesellschaft so gründlich zu spalten, dass niemand mehr erkennt, wie verletzlich man selbst ist.

Denn je tiefer ihr nach unten tretet, desto leichter kann man euch von oben ausnehmen.

Und wenn es dann plötzlich jene trifft, die vorher meinten „Mir passiert das nicht“, dann heißt es plötzlich:
„Bei mir ist es aber anders.“
„Ich kann nichts dafür.“
„Mir steht das zu, ich bemühe mich doch.“

Genau das gilt aber auch für jene Menschen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind.

Also wie könnt ihr euch eigentlich erdreisten, euch über andere Menschen zu stellen?
Menschen, die durch Schicksalsschläge oder strukturelle Barrieren in Armut geraten sind?
Menschen mit Geschichten, die ihr nicht kennt?

Wie könnt ihr euch als etwas „Besseres“ darstellen? Weil man euch ständig eintrichtert: „Sozialhilfe nur für jene, die sie wirklich brauchen“?

Spoiler: Sozialhilfe bekommt ohnehin nur, wer wirklich bedürftig ist.
Und sie ist an strengste Auflagen, Nachweise, Kontrollen und existenzielle Einschränkungen geknüpft.

Also gibt es zwei Möglichkeiten:

Entweder ihr seid der Meinungsmache komplett auf den Leim gegangen und die Politik hat erreicht, was sie wollte:
Manipulierbare Menschen, die sich gegeneinander aufzuhetzen. Dann solltet ihr beginnen zu hinterfragen, ob die Berichte und Artikel über die „soziale Hängematte“ oder „fehlende Anreize“ nicht doch pure Manipulation sind und euch mit Zahlen, Fakten und Hintergründen zu Armut und Sozialhilfe auseinandersetzen. Oder ihr glaubt wirklich, etwas Besseres zu sein. Dann ist das armselig.

Niemand, absolut niemand hat etwas davon, wenn wir das grausame Spiel der Parteien mitmachen und nach unten treten. Weder sinkt dadurch die Inflation, sinken die Ausgaben für Sozialhilfe, finden Menschen schneller Jobs, noch bleibt euch dadurch am Monatsende mehr. Soziale Kälte hat noch nie Gutes bewirkt. Im Gegenteil. Und wer wissen möchte was hilft, kann gern nachlesen, wie zb unsere Peerarbeit wirkt. Und was es braucht, damit Hilfe zur Selbsthilfe wirkt. Abwertung, Disziplinierungsmaßnahmen, Stigmatisierung, Isolation sind es definitiv nicht. Aber das wissen diese Parteien und Medien auch. Es passt halt nur nicht in deren Agenda.

„Niemand steht eines Morgens auf und beschließt, in Armut zu leben, weil es so bequem ist. Niemand“!

Eure Frau Sonnenschein


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