Für das Lächeln meiner Kinder

von Martina.

Ich bin müde. So müde.
Ich bin Mutter von drei Kindern. Allein. Mein Ex-Mann ist gegangen, als die Jüngste zwei war. Es gab damals immer öfter Streit.
Erst ums Geld, dann um alles. Der Mittlere war oft krank, ich konnte kaum arbeiten.
Er verlor seinen Job, die mageren Ersparnisse reichten nicht lange. Wir rutschten in die Armut und haben immer öfter gestritten. Er wurde wütend, hat geschrien, Sachen geworfen. Und dann hat er mich geschlagen. Geweint, sich entschuldigt – aber es blieb nicht bei diesem einen Mal.

Trotzdem bin ich geblieben. Weil ich Angst hatte. Angst vor ihm, aber auch Angst, es nicht allein mit den Kindern zu schaffen. Allein schon finanziell. Aber auch, weil ich dachte, es wäre das Beste für die Kinder. Weil ich hoffte, er würde sich ändern.

Irgendwann hatte ich genug. Ich ging. Nur mit den Kindern an der Hand. Zuerst ins Frauenhaus, dann in eine Mutter-Kind-Einrichtung. Befristete Sicherheit. Befristete Zeit, um langsam wieder auf die Beine zu kommen. Um meinen Kindern zu versichern, dass mit mir alles gut ist. Mit Hilfe der Sozialarbeiterin habe ich einen Hortplatz für die Großen und einen Kindergartenplatz für die Kleine bekommen.

In meinen alten Job konnte ich nicht zurück. Also habe ich mich umorientiert. Ich habe den ersten Job genommen, den ich bekommen habe: Reinigungskraft. 30 Stunden die Woche. Mehr geht nicht – wegen der Kinder, wegen meines Rückens, wegen meiner Erschöpfung.

Zum Sozialamt wollte ich nicht. Das hätte bedeutet, meine Eltern zu verklagen. Sie sind die Einzigen, die mir helfen, wenn ich nicht mehr kann. Die Einzigen, die mir die Kinder mal abnehmen. Ich kann es mir nicht leisten, diesen Halt zu verlieren.

Unterhalt kommt unregelmäßig. Ich bitte nicht darum. Ich will keinen Streit. Ich kann keinen weiteren Kampf mehr führen. Ich bin müde vom Kämpfen. Und ich will das bisschen Frieden, das ich habe, nicht zerstören. Ja, ich habe Angst vor dem, was passiert, wenn ich es einklage. Weil ich weiß, wozu er fähig ist. Und weil wir nicht wieder alles verlieren können, was wir aufgebaut haben.

Auch nicht unsere Wohnung. Egal, wie klein sie ist. Denn sie ist unser Zuhause.
Sie ist auf Dauer zu klein, aber ein Umzug ist unmöglich. Ich spare, aber es reicht nie. Also spare ich an mir selbst ein. Weniger Essen. Länger die kaputten Jeans tragen, noch mal flicken, ehe ich mir etwas „Neues“ vom Flohmarkt hole. Geburtstagsgeschenke? Kommen aus dem, was ich mir selbst verweigere und so einspare.

Freizeitaktivitäten? Nur das, was gratis möglich ist. Oder so gut wie gratis. Oder was die Großeltern eben schenken. Spiele? Bekommen wir hin und wieder von einer Nachbarsfamilie. Manchmal nehmen meine Eltern die Kinder ein ganzes Wochenende oder in den Ferien für eine Woche, damit sie Erholung haben. Dann würde ich am liebsten schlafen. Aber meist schaue ich, ob ich noch irgendwo etwas dazuverdienen kann. Damit die Kinder wieder ein kleines bisschen mehr Freude haben. Oder neue Sachen für die Schule und den Kindergarten.

Manchmal liege ich nachts wach und weine – leise, damit es niemand hört. Ich frage mich, wie lange ich das noch schaffe. Und dann sehe ich sie. Ihre kleinen Gesichter, ihr Lachen. Und ich weiß: Ich mache weiter. Für sie. Immer.

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